Gressel: Darum braucht Putin dringend Nordkoreas Soldaten (ZDF)

Militärexperte Gressel: Darum braucht Putin dringend Nordkoreas Soldaten
24.10.2024 | 21:44

Nordkoreanische Soldaten in Russland: Bei ZDFheute live erklärt Militärexperte Gustav Gressel, warum das für beide Länder eine „Win-win-Situation“ ist.
Die ersten nordkoreanischen Soldaten sollen laut Angaben des ukrainischen Geheimdienstes bereits an der Kriegsfront in der russischen Grenzregion Kursk eingetroffen sein. Der südkoreanische Geheimdienst schätzt, das Pjöngjang insgesamt rund 12.000 Soldaten schicken könnte.

Im Interview mit ZDFheute live erklärt Militärexperte Gustav Gressel, warum Russland Soldaten aus Nordkorea einsetzt – und wie Südkorea wiederum der Ukraine helfen könnte.

Hier in Auszügen. Das sagt Gustav Gressel…

… zur Situation der russischen Armee

Russland habe durch den Krieg in der Ukraine „enorm hohe Verluste“ eingefahren. Innerhalb des Landes sind „relativ wenige Einheiten in ihrem Regelbetrieb verblieben“, sagt Gressel. „Selbst an der Grenze zur Nato“ finde nur eine „Ausbildung“ von Soldaten statt. Dort gäbe es „keine einsatzbereiten Großverbände mehr, weil das Kaderpersonal, die Offiziere, die Berufssoldaten in die Ukraine abgezogen wurden“.

Außerdem werde es zunehmend schwieriger, Leute zu rekrutieren. Obwohl Russland in diesem Jahr Prämien für Kriegsfreiwillige und die Gehälter für Soldaten im Krieg „drastisch erhöht“ habe, ändere das „nicht viel daran, dass viele Russen auch für mehr Geld nicht in den Krieg ziehen“. Eine „Zwangsmobilisierung“ soll Wladimir Putin laut Gressel aus „innenpolitischen Gründen“ scheuen.

… dazu, warum Russland Soldaten aus Nordkorea einsetzt

Da die Rekrutierung neuer Soldaten immer schwieriger werde, sei ein „Rückgriff auf nordkoreanische Gastarbeiter im Grunde logisch“, so Gressel. „Die jetzt in Russland trainierten Soldaten“ seien wohl nordkoreanische Eliteeinheiten und sollen dem Experten zufolge aller Wahrscheinlichkeit nach an der russischen Grenzregion Kursk eingesetzt werden, wo der Ukraine im Sommer ein Vorstoß gelang.

Kursk ist natürlich für Russland peinlich und er [Wladimir Putin] sucht jetzt nordkoreanische Hilfe, die eventuell disziplinierter vorgehen und eventuell das Kursk-Problem für ihn lösen.

Nordkorea „verpachtet Sklaven“ sowohl an China als auch an Russland, so Gressel. Nordkoreanische Gastarbeiter in diesen Ländern zum Beispiel in der Landwirtschaft oder im Bergbau gäbe es „schon Jahrzehnte“, erklärt er.
Russland zahlt viel und braucht dringend Soldaten, Nordkorea hat viele Leute und braucht dringend Geld, das ist an für sich eine Win-win-Situation für beide Parteien.

Man werde „wahrscheinlich im Laufe des Krieges“ mit mehr nordkoreanischen Soldaten „in allen Frontabschnitten in der Ukraine“ rechnen können, sagt Gressel.

Wie Nordkoreas Armee eingesetzt werden könnte

Er spricht auch über die langjährige Militärkooperation zwischen Russland und Nordkorea. Diese sei „im Grunde sei den 90er-Jahren recht fest und innig“. Man könne davon ausgehen, dass es „in der nordkoreanischen Armee durchaus einige Offiziere zweisprachig sind und sowohl Russisch als auch Koreanisch sprechen und für Koordinationsrollen in diesem Krieg auch geeignet wären“, so Gressel weiter.

…dazu, wie sehr Südkorea die Ukraine unterstützen könnte

„Was Rüstungsgüter angeht, da könnte natürlich eine Änderung der südkoreanischen Politik einen erheblichen Vorteil für die Ukraine bringen“, sagt Gressel. Das südkoreanische Militär „ist nicht nur groß und hat viele Systeme“, sondern habe „auch viel Munition, weil es für einen Krieg mit der nordkoreanischen Massenarmee ausgerichtet ist und dementsprechend nicht wie in Westeuropa Munitionsbestände heruntergefahren hat.“

„Die südkoreanische Armee verfügt über 11.000 verschiedene Artilleriesysteme und hat relativ großzügige Kampf-Tagesätze für diese berechnet“, so Gressel. Er schätze, dass „über 30 Millionen Schuss Artilleriemunition in Südkorea lagern“ würden. Die Bundeswehr könne da „lange neidisch hinschauen“.

Die Ukraine könnte zudem Schützenpanzer in „größerem Ausmaß“ aus Südkorea beziehen. „Das würde der Ukraine enorm helfen“, da „an gepanzerten Fahrzeugen“ ein „enormer Mangel“ bestehe. Damit es aber zu einer solchen Hilfe kommen könne, seien zunächst noch viele Dinge zu klären, sagt Gressel.

Das Interview führte Alica Jung, zusammengefasst hat es Benno Krieger.